Tarikih
unterwegs (44)
Hier
nun der komplette Bericht
Nach
äußerst sorgfältiger Kontrolle der Reisepapiere,
besonders der wegen Corona erforderlichen Dokumente startet am
15. September mein Flieger von Frankfurt/Main in Richtung Mombasa
über Adis Abeba. Der Flug in dem großen nur halb besetzten
Langstreckenflieger ist recht angenehm, denn ich kann mich auf
meiner Sitzreihe ausbreiten. Die Umsteigezeit in Äthiopien
verbringe ich auch mit Ausruhen und so komme ich relativ frisch
gegen Mittag in Mombasa an.
Mein Abholer bringt mich über die neue Umgehungsstraße
zur Farm, wo mich heute noch niemand erwartet hat.
Die nächsten Tage bin ich schon mit Vorbereiten der geplanten
Tarikih Aktionen beschäftigt. Als erstes kümmere ich
mich um die Auflistung der Schulgelder für den nächsten
Term.
Dann kommt Reuben zu mir und wir besprechen, wie er an seine Schulabschluss-
dokumente aus Kilifi kommen kann. Da er dort noch eine Rechnung
offen hat, muss er die erst begleichen, dann bekommt er seine
Unterlagen.
Ich nehme Kontakt mit seiner ehemaligen Lehrerin auf und erfahre,
dass da noch ein paar Bücher zu bezahlen und eine Ausgleichssumme
für die Abschlussprüfungen offen sind. Ich gebe Reuben
das Fahrgeld und die erforderliche Summe und er bringt mir am
nächsten Tag die Quittungen und alle seine Schulabschlussdokumente.
Da Joy und auch andere Schülerinnen und Schüler Fahrgeld
benötigen, denn die Ferien stehen kurz bevor, erledige auch
dieses noch.
Das Taschengeld von Karl für Kelvin und das gebrauchte Smartphone
für seinen Vater habe ich gerne übereicht, worauf große
Freude entsteht.
Nachdem ich Fatuma telefonisch erreicht habe, machen wir kurzfristig
einen Termin. Dazu übergebe ich ihr das Taschengeld von Astrid
und ebenfalls für ihre Schwester Bahati.
Jetzt kommt Claudia und ich erkläre ihr die Einzelheiten
der Schulgelder und Sonderzahlungen unserer Schülerinnen
und Schüler und der Auszubildenden auf den Colleges und Universitäten.
Auch gibt es dabei, wie immer, einige unvorhergesehene Dinge,
die sofort umgesetzt werden müssen.
Nachdem Schulgelder und Co. erledigt sind, kümmere ich mich
um das Madzayani Schul- und Gemeindegarten Projekt. Wir benötigen
vorerst eine Schubkarre und ein paar andere Kleinigkeiten.
Mit den Bohr- und Bauexperten fahre ich nun zur vorgesehen Bohrstelle.
Leider hat es morgens dort geregnet und so kommen wir mit dem
Fahrzeug den einzigen kleinen Hügel dort nicht hinauf. Der
Wagen droht, bei jedem Versuch, die schmierseifenglatte Steigung
zu passieren, abzurutschen und im weichen Untergrund rechts der
Naturstraße stecken zu bleiben. Vorsichtig fahre ich rutschend
rückwärts zurück, bis ich einigermaßen sicheren
Boden unter den Rädern habe. Von da an, sind wir dann gelaufen.
Die Begutachtung des alten und beschädigten Bohrlochs lässt
uns keine andere Wahl, als eine andere Stelle für unseren
Schulgarten zu suchen. Den haben wir dann später auch in
der Nähe der Schule gefunden.
Ein paar Tage später, als es wieder trocken ist, fahre ich
erneut nach Madzayani, um die Grenzen und Markierungen für
den Zaun festzulegen.
Nach etwa einer Woche soll der Bohrtrupp beginnen, denn er war
noch an einer anderen Stelle beschäftigt und so warte ich
auf den Anruf für den Bohrbeginn. Endlich soll es losgehen
und ich mach mich auf den Weg nach Madzayani. Dort angekommen,
erreicht mich die Nachricht, dass es plötzlich Transportprobleme
gibt und der Bohrtrupp es heute nicht mehr schafft, aber morgen,
ganz bestimmt. Das ist Afrika.
Am nächsten Tag erscheint dann der Kleinlaster mit der Bohrausrüstung.
Es ist Mittag und die Sonne brennt wieder erbarmungslos auf uns
und die ausgedörrte Landschaft herab.
Schwere
Stangen und Rohre werden geschleppt, zusammengeschraubt und gehämmert.
Ein Gerüst, wie aus einem Wildwest-Film und ein fünfzig
Jahre alter Verbrennungsmotor aus Indien bilden den Bohrturm.
Das Bohrgetriebe, welches vielleicht noch älter ist, wird
aufgesetzt und der dicke Bohrer montiert.
Der Versuch, den alten Motor zum Laufen zu bringen, schlägt
fehl. Nach mehreren Anläufen gelingt es dem Maschinisten
doch, dem Musemsstück Leben einzuhauchen und der auspufflose
Motor knattert lautstark vor sich hin.
Auf dem Bohrgetriebe stehen abwechselnd mal ein oder zwei Männer,
um den erforderlichen Druck auf den Bohrer zu bringen. So dringen
sie Zentimeter um Zentimeter in den harten Boden ein, den sie
mit Wasser etwas geschmeidiger machen. Jetzt soll nun die ganze
Woche lang von morgens bis abends gebohrt werden. Nach zwei Tagen
stoßen sie auf Wasser.
Kirsten ist mittlerweile aus Deutschland eingetroffen und gemeinsam
verfolgen wir heute das Treiben an der Baustelle. Das Bohrgestänge
rattert und wie immer stehen fünf Mann herum und nur einer
arbeitet. Hakuna matata.
Ein anderer Tag, ein anders Ziel. Mit einem Karton Biskuits im
Gepäck fahren Kirsten, Mtundo und ich nach Jilore und besuchten
den Faith Kindergarten. Die fast 90 Kinder haben Riesenspaß,
tanzen und singen für uns. Anschließend verteilt Kirsten
ein paar Kekse an die Kleinen.
Schon ein paar Tage vorher habe ich die Abgrenzung abgesteckt,
wo das Fundament für den 10.000 Liter Tank entstehen solle
und ich bestelle Steine Sand, Kies und Zement.
Der nächste Tag bringt uns wieder nach Madzayani. Kirsten
verteilt heute Kleidung und Schuhe, die sie aus Deutschland mitgebracht
hat. Es herrscht allerseits große Freude.
Die von mir vor einigen Wochen bestellten Zaunpfähle, die
ein Dorfbewohner aus Madzayani auf seinem Motorrad nach und nach
zum Bauplatz transportieren konnte, sind nun vollzählig.
Zur Überprüfung der Durchmesser und Länge fahre
ich nach Madzayani und erledigte die Restzahlung.
Als Nächstes steht Hola auf dem Programm. An der Strecke
rechts und links liegen einige Tierkadaver von Rindern, die durch
die seit Monaten anhaltende Dürre, die es hier seit 2008
nicht mehr so gegeben hatte, verendet sind. Die 220 Kilometer
haben wir in etwas mehr als zweieinhalb Stunden zurückgelegt.
Gerade in Hola angekommen, ergießt sich ein 30-minütiger
Wolkenbruch der für große Freude gesorgt hat. „Mr.
Bill hat den Regen mitgebracht, Mr. Bill hat den Regen mitgebracht!“
rufen einige Pokomos hier vor Freude.
Heute statte ich Juliet einen Besuch ab, unserem tapferen Schneiderlein.
Sie hat ihre Prüfung gerade hinter sich und bekommt bald
eine eigene Nähmaschine, die ihr Leben verändern wird.
Da William tagsüber in seiner Ausbildungsstätte verbringt,
treffe ich ihn am frühen Abend. Er ist sichtlich überrascht,
mich zu sehen, freut sich aber über das Taschengeld, welches
ich ihm übergebe.
Am nächsten Tag besuche ich noch Carolines Mutter, die vor
fast zwei Jahren schwer erkrankt ist und von der Hüfte an
gelähmt war. Sie ist aber wundersamer Weise auf dem Weg der
Besserung und kann schon wieder etwas gehen und stehen.
Noch ein abschließender Besuch an der Laza Primary School.
Die üblichen Probleme herrschen weiterhin vor und es ist
keine Änderung in Sicht. An meinem Abreisetag kommt Saidho,
der mich mit Mwanahamisis Mutter besucht. Dieses Mädchen
begleiten wir schon viele Jahre, sie war Hauptdarstellerin in
einem unserer Filme. Mwanahamisi ist mittlerweile auf der MauMau
Secondary School.
Auf dem Rückweg nach Malindi nehme ich John Duko mit, denn
wir wollen für Juliet die Nähmaschine kaufen, die wir
in Hola nicht bekommen. Heia Safari.
Der Elektriker ist heute in Madzayani und prüft schon mal
die Solaranlage. Heute wird die Pumpe testweise in das Bohrloch
hinuntergelassen und siehe da, es funktioniert. Das Wasser kommt
aus der Tiefe nach oben. Da die gewünschten Meter noch nicht
erreicht sind, muss noch ein wenig weiter gebohrt werden.
Jetzt muss noch das Material für den Zaun zur Baustelle geschafft
werden. Zwei Wochen vorher habe ich schon das zweiflügelige
Tor bestellt. Das ist natürlich nicht rechtzeitig fertig.
Die Arbeiten am Zaun sind wegen der brüllenden Hitze auch
nicht zu verachten. Beim Anbringen des Maschendrahtes wird festgestellt,
dass die Rollen kürzer sind, als die angegebene Länge
auf der Rolle. Das bedeutet, dass zwei weitere Rollen gekauft
werden müssen. Gesagt, getan.
Endlich
wird auch das Tor angeliefert und der Bautrupp kann die beiden
Metallflügel mit der Extratür montieren. Mit zwei dicken
Vorhängeschlössern wird jetzt das Gelände gesichert.
Ein Wachmann steht ebenfalls Tag und Nacht zur Verfügung.
Das Fundament für den Tank ist mittlerweile ausgehärtet
und der 10.000 Liter Behälter steht darauf. Die Leitungen
und die Zapfhähne werden montiert und die Anlage nimmt so
langsam Formen an.
Auf jeden Fall steht jetzt einigermaßen brauchbares Wasser
zur Verfügung und alle sind glücklich, dass sie nicht
mehr stundenlang laufen müssen.
Die Zapfstellen sind noch nicht einmal offiziell eröffnet
und die ersten Frauen kommen schon und befüllen ihre Container
mit dem Wasser aus der Tiefe. Spielerisch balancieren sie die
jetzt 20 kg schweren Wasserbehälter auf ihren Köpfen
bis nach Hause.
Unser Plan ist es, aus dieser ausgedörrten halbwüstenähnlichen
Landschaft einen Schul- und Gemeindegarten entstehen zu lassen,
der für die Menschen und ganz besonders den Kindern dort
eine vernünftige Ernährungsgrundlage liefern soll. Aber
bis zur Ernte von frischem Gemüse wird es noch etwas dauern.
Den ersten Schritt in diese Richtung haben wir gemacht. Es bleibt
noch viel zu tun. Für dieses Langzeitprojekt benötigen
wir noch viel Unterstützung.
Roland
Stroeder
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