Kenya Hilfsaktion Herbst 2021

Tarikih unterwegs (44)

Hier nun der komplette Bericht

Nach äußerst sorgfältiger Kontrolle der Reisepapiere, besonders der wegen Corona erforderlichen Dokumente startet am 15. September mein Flieger von Frankfurt/Main in Richtung Mombasa über Adis Abeba. Der Flug in dem großen nur halb besetzten Langstreckenflieger ist recht angenehm, denn ich kann mich auf meiner Sitzreihe ausbreiten. Die Umsteigezeit in Äthiopien verbringe ich auch mit Ausruhen und so komme ich relativ frisch gegen Mittag in Mombasa an.

Mein Abholer bringt mich über die neue Umgehungsstraße zur Farm, wo mich heute noch niemand erwartet hat.

Die nächsten Tage bin ich schon mit Vorbereiten der geplanten Tarikih Aktionen beschäftigt. Als erstes kümmere ich mich um die Auflistung der Schulgelder für den nächsten Term.

Dann kommt Reuben zu mir und wir besprechen, wie er an seine Schulabschluss- dokumente aus Kilifi kommen kann. Da er dort noch eine Rechnung offen hat, muss er die erst begleichen, dann bekommt er seine Unterlagen.

Ich nehme Kontakt mit seiner ehemaligen Lehrerin auf und erfahre, dass da noch ein paar Bücher zu bezahlen und eine Ausgleichssumme für die Abschlussprüfungen offen sind. Ich gebe Reuben das Fahrgeld und die erforderliche Summe und er bringt mir am nächsten Tag die Quittungen und alle seine Schulabschlussdokumente.

Da Joy und auch andere Schülerinnen und Schüler Fahrgeld benötigen, denn die Ferien stehen kurz bevor, erledige auch dieses noch.

Das Taschengeld von Karl für Kelvin und das gebrauchte Smartphone für seinen Vater habe ich gerne übereicht, worauf große Freude entsteht.

Nachdem ich Fatuma telefonisch erreicht habe, machen wir kurzfristig einen Termin. Dazu übergebe ich ihr das Taschengeld von Astrid und ebenfalls für ihre Schwester Bahati.

Jetzt kommt Claudia und ich erkläre ihr die Einzelheiten der Schulgelder und Sonderzahlungen unserer Schülerinnen und Schüler und der Auszubildenden auf den Colleges und Universitäten. Auch gibt es dabei, wie immer, einige unvorhergesehene Dinge, die sofort umgesetzt werden müssen.

Nachdem Schulgelder und Co. erledigt sind, kümmere ich mich um das Madzayani Schul- und Gemeindegarten Projekt. Wir benötigen vorerst eine Schubkarre und ein paar andere Kleinigkeiten.

Mit den Bohr- und Bauexperten fahre ich nun zur vorgesehen Bohrstelle. Leider hat es morgens dort geregnet und so kommen wir mit dem Fahrzeug den einzigen kleinen Hügel dort nicht hinauf. Der Wagen droht, bei jedem Versuch, die schmierseifenglatte Steigung zu passieren, abzurutschen und im weichen Untergrund rechts der Naturstraße stecken zu bleiben. Vorsichtig fahre ich rutschend rückwärts zurück, bis ich einigermaßen sicheren Boden unter den Rädern habe. Von da an, sind wir dann gelaufen.

Die Begutachtung des alten und beschädigten Bohrlochs lässt uns keine andere Wahl, als eine andere Stelle für unseren Schulgarten zu suchen. Den haben wir dann später auch in der Nähe der Schule gefunden.

Ein paar Tage später, als es wieder trocken ist, fahre ich erneut nach Madzayani, um die Grenzen und Markierungen für den Zaun festzulegen.

Nach etwa einer Woche soll der Bohrtrupp beginnen, denn er war noch an einer anderen Stelle beschäftigt und so warte ich auf den Anruf für den Bohrbeginn. Endlich soll es losgehen und ich mach mich auf den Weg nach Madzayani. Dort angekommen, erreicht mich die Nachricht, dass es plötzlich Transportprobleme gibt und der Bohrtrupp es heute nicht mehr schafft, aber morgen, ganz bestimmt. Das ist Afrika.

Am nächsten Tag erscheint dann der Kleinlaster mit der Bohrausrüstung. Es ist Mittag und die Sonne brennt wieder erbarmungslos auf uns und die ausgedörrte Landschaft herab.

Schwere Stangen und Rohre werden geschleppt, zusammengeschraubt und gehämmert. Ein Gerüst, wie aus einem Wildwest-Film und ein fünfzig Jahre alter Verbrennungsmotor aus Indien bilden den Bohrturm. Das Bohrgetriebe, welches vielleicht noch älter ist, wird aufgesetzt und der dicke Bohrer montiert.

Der Versuch, den alten Motor zum Laufen zu bringen, schlägt fehl. Nach mehreren Anläufen gelingt es dem Maschinisten doch, dem Musemsstück Leben einzuhauchen und der auspufflose Motor knattert lautstark vor sich hin.

Auf dem Bohrgetriebe stehen abwechselnd mal ein oder zwei Männer, um den erforderlichen Druck auf den Bohrer zu bringen. So dringen sie Zentimeter um Zentimeter in den harten Boden ein, den sie mit Wasser etwas geschmeidiger machen. Jetzt soll nun die ganze Woche lang von morgens bis abends gebohrt werden. Nach zwei Tagen stoßen sie auf Wasser.

Kirsten ist mittlerweile aus Deutschland eingetroffen und gemeinsam verfolgen wir heute das Treiben an der Baustelle. Das Bohrgestänge rattert und wie immer stehen fünf Mann herum und nur einer arbeitet. Hakuna matata.

Ein anderer Tag, ein anders Ziel. Mit einem Karton Biskuits im Gepäck fahren Kirsten, Mtundo und ich nach Jilore und besuchten den Faith Kindergarten. Die fast 90 Kinder haben Riesenspaß, tanzen und singen für uns. Anschließend verteilt Kirsten ein paar Kekse an die Kleinen.

Schon ein paar Tage vorher habe ich die Abgrenzung abgesteckt, wo das Fundament für den 10.000 Liter Tank entstehen solle und ich bestelle Steine Sand, Kies und Zement.

Der nächste Tag bringt uns wieder nach Madzayani. Kirsten verteilt heute Kleidung und Schuhe, die sie aus Deutschland mitgebracht hat. Es herrscht allerseits große Freude.

Die von mir vor einigen Wochen bestellten Zaunpfähle, die ein Dorfbewohner aus Madzayani auf seinem Motorrad nach und nach zum Bauplatz transportieren konnte, sind nun vollzählig. Zur Überprüfung der Durchmesser und Länge fahre ich nach Madzayani und erledigte die Restzahlung.

Als Nächstes steht Hola auf dem Programm. An der Strecke rechts und links liegen einige Tierkadaver von Rindern, die durch die seit Monaten anhaltende Dürre, die es hier seit 2008 nicht mehr so gegeben hatte, verendet sind. Die 220 Kilometer haben wir in etwas mehr als zweieinhalb Stunden zurückgelegt.

Gerade in Hola angekommen, ergießt sich ein 30-minütiger Wolkenbruch der für große Freude gesorgt hat. „Mr. Bill hat den Regen mitgebracht, Mr. Bill hat den Regen mitgebracht!“ rufen einige Pokomos hier vor Freude.

Heute statte ich Juliet einen Besuch ab, unserem tapferen Schneiderlein. Sie hat ihre Prüfung gerade hinter sich und bekommt bald eine eigene Nähmaschine, die ihr Leben verändern wird. Da William tagsüber in seiner Ausbildungsstätte verbringt, treffe ich ihn am frühen Abend. Er ist sichtlich überrascht, mich zu sehen, freut sich aber über das Taschengeld, welches ich ihm übergebe.

Am nächsten Tag besuche ich noch Carolines Mutter, die vor fast zwei Jahren schwer erkrankt ist und von der Hüfte an gelähmt war. Sie ist aber wundersamer Weise auf dem Weg der Besserung und kann schon wieder etwas gehen und stehen.

Noch ein abschließender Besuch an der Laza Primary School. Die üblichen Probleme herrschen weiterhin vor und es ist keine Änderung in Sicht. An meinem Abreisetag kommt Saidho, der mich mit Mwanahamisis Mutter besucht. Dieses Mädchen begleiten wir schon viele Jahre, sie war Hauptdarstellerin in einem unserer Filme. Mwanahamisi ist mittlerweile auf der MauMau Secondary School.

Auf dem Rückweg nach Malindi nehme ich John Duko mit, denn wir wollen für Juliet die Nähmaschine kaufen, die wir in Hola nicht bekommen. Heia Safari.

Der Elektriker ist heute in Madzayani und prüft schon mal die Solaranlage. Heute wird die Pumpe testweise in das Bohrloch hinuntergelassen und siehe da, es funktioniert. Das Wasser kommt aus der Tiefe nach oben. Da die gewünschten Meter noch nicht erreicht sind, muss noch ein wenig weiter gebohrt werden.

Jetzt muss noch das Material für den Zaun zur Baustelle geschafft werden. Zwei Wochen vorher habe ich schon das zweiflügelige Tor bestellt. Das ist natürlich nicht rechtzeitig fertig.

Die Arbeiten am Zaun sind wegen der brüllenden Hitze auch nicht zu verachten. Beim Anbringen des Maschendrahtes wird festgestellt, dass die Rollen kürzer sind, als die angegebene Länge auf der Rolle. Das bedeutet, dass zwei weitere Rollen gekauft werden müssen. Gesagt, getan.

Endlich wird auch das Tor angeliefert und der Bautrupp kann die beiden Metallflügel mit der Extratür montieren. Mit zwei dicken Vorhängeschlössern wird jetzt das Gelände gesichert. Ein Wachmann steht ebenfalls Tag und Nacht zur Verfügung.

Das Fundament für den Tank ist mittlerweile ausgehärtet und der 10.000 Liter Behälter steht darauf. Die Leitungen und die Zapfhähne werden montiert und die Anlage nimmt so langsam Formen an.

Auf jeden Fall steht jetzt einigermaßen brauchbares Wasser zur Verfügung und alle sind glücklich, dass sie nicht mehr stundenlang laufen müssen.

Die Zapfstellen sind noch nicht einmal offiziell eröffnet und die ersten Frauen kommen schon und befüllen ihre Container mit dem Wasser aus der Tiefe. Spielerisch balancieren sie die jetzt 20 kg schweren Wasserbehälter auf ihren Köpfen bis nach Hause.

Unser Plan ist es, aus dieser ausgedörrten halbwüstenähnlichen Landschaft einen Schul- und Gemeindegarten entstehen zu lassen, der für die Menschen und ganz besonders den Kindern dort eine vernünftige Ernährungsgrundlage liefern soll. Aber bis zur Ernte von frischem Gemüse wird es noch etwas dauern.

Den ersten Schritt in diese Richtung haben wir gemacht. Es bleibt noch viel zu tun. Für dieses Langzeitprojekt benötigen wir noch viel Unterstützung.

Roland Stroeder