Tarikih unterwegs (35)

Ankunft

Mombasa, morgens um 4:00Uhr bei 19°C. Natürlich dunkel, stark bewölkt und es sieht nach Regen aus. Plötzlich ein schwerer Wolkenbruch und die Wischer schaffen die Regenmassen nicht mehr, so dass wir anhalten müssen.

Nach fünfzehn Minuten geht es weiter Richtung Norden. Die hohe Luftfeuchtigkeit, gepaart mit den ansteigenden Temperaturen lässt meine Kleidung schweißnass werden.

Die Morgendämmerung beginnt. Je weiter wir nach Norden kommen, kämpft sich die Sonne so langsam durch die grauen Wolken. Wir passieren Kilifi und auf einmal ist alles trocken.

So langsam wird es hell. Nach drei Stunden Fahrt, gegen 7:00 Uhr, erreichen wir Wanderers Farm. Nach kurzer Begrüßung frühstücke ich etwas und lege mich erst mal aufs Ohr.

Dann versuche ich ein wenig zu schlafen, was ja im Flieger für mich nicht wirklich möglich ist. Gegen halb eins ist dann mein Schlaf vorüber.

Am nächsten Tag bereite ich meinen Besuch nach Mwakuhenga vor. Hier wollen wir an der gleichnamigen Grundschule mit dem Bau eines Toilettenhauses für die Mädchen beginnen.


Mwakuhenga Primary School

Baumeister Omondi kommt heute pünktlich um 7:45 Uhr aber das Auto springt nicht an. Die Batterie ist leer. Abu der Autovermieter kommt nach etwa eineinhalb Stunden in einem Tuk-Tuk und bringt eine andere Starterbatterie, die allerdings auch nicht stark genug ist, den Motor zum Laufen zu bringen. Dann baut er die Tuk-Tuk- Batterie aus und startet damit den Wagen. Das hat uns mehr als zwei Stunden Zeit gekostet.

Nun läuft das Auto wieder und der Grund für die leere Batterie ist angeblich eine während der Nacht nicht komplett geschlossene Tür. Ich hasse diesen elektronischen Firlefanz in den modernen Autos, da kann viel zu viel kaputt gehen und das ist sowas von unnötig. Hehehehe.

Aber nun sind wir bereit und fahren nach Malindi, wo schon ein Mitglied des Schulgremiums seit über zwei Stunden wartet. Jetzt geht es aber wirklich los und wir erreichen Mwakuhenga nach ungefähr eineinhalb Stunden Fahrt.

Eine Lehrerin, zwei weitere Mitglieder des Schulkomitees, der stellvertretende Schulleiter erwarten uns schon und wir machen uns noch einmal ein Bild von der gegenwärtigen Situation. Sieben Toiletten für mehr als 700 Kinder und Lehrpersonal. Davon sind drei unbenutzbar.

Da Ferien sind können wir in einem der leeren Klassenräume unser Meeting abhalten. Nachdem ich dem Gremium die Bedingungen von Tarikih erklärt habe, einigen wir uns darauf, dass die Gemeinde ihren Beitrag leistet, indem sie für den Aushub der Sickergruben und der Fundamentgräben sorgt. Ebenso sollen die vorhandenen Toiletten durch die Gemeinde besser gepflegt und wo erforderlich instand gesetzt werden. Dann gehen wir zum vorgesehenen Bauplatz.


Omondi markiert die Aushubstellen und wir vereinbaren, dass wir angerufen werden sollen, wenn die Arbeit erledigt ist. Schon nach einer Woche meldet sich der Schulleiter und wir fahren sofort hin, damit die Baumaßnahmen zügig abgewickelt werden können.


Jilore

Ein paar Tage später kommt auch aus Jilore ein Anruf, dass sich dort etwas bewegt haben soll. Da ich sowieso zu unseren Studentinnen dorthin unterwegs bin, mache ich einen kurzen Abstecher zum Faith Kindergarten. Es wurde zwar etwas Erde bewegt, aber nicht in der Größenordnung wie wir das vereinbart hatten. Und ich weise noch einmal darauf hin, dass im Rahmen der Hilfe zur Selbsthilfe die Gemeinde ihren Beitrag zu erbringen hat, bevor von Tarikih Hilfe geleistet wird.

Leider konnte ich Janet nicht antreffen, da sie in den Ferien auf Verwandtenbesuch unterwegs ist.

Mvera ist guter Laune und hat nun ihr Examen gemacht und damit die Secondary School nach vier Jahren erfolgreich abgeschlossen. Die Abschluss-Zertifikate gibt es später.

Der Brief von Papa Charly, ihrem Sponsor, und das Taschengeld zeichnet ihr ein breites Grinsen ins Gesicht.

Auch Everline, sie ist jetzt im dritten Jahr auf der Secondary School, ist guter Dinge und freut sich über die gebrauchte Kleidung, die ich für sie aus Deutschland mitgebracht habe. Sie fährt in den Ferien zu Ihrer Tante nach Nairobi.

Terroristen

Eine schlechte Nachricht macht die Runde, denn Terroristen haben in Chakama eine 23- jährige Italienerin gekidnappt, die dort ein Kinderhilfsprojekt leitet. Chakama ist nur etwa 55 Kilometer von meinem Wohnort entfernt und seit Tagen kreisen Hubschrauber der kenianischen Armee über unsere Köpfe.

Den letzten Nachrichten zufolge sollen die Kidnapper über den Galana River in den Tana River Distrikt geflüchtet sein. Das lässt mich natürlich überlegen, ob ich unter diesen Bedingungen überhaupt nach Hola fahre. Mal sehen wie sich die Situation entwickelt.

Nach letzten Berichten werden alle Straßen, Kreuzungen und Einmündungen nördlich von Malindi, also auf der anderen Seite des Galana Flusses von schwer bewaffnetem Militär kontrolliert. Da kann eigentlich keiner mehr durchschlüpfen. Aber ich denke, dass Die Terroristen schon längst über alle Berge sind und sich in den tiefen Wäldern im Tana River Gebiet verstecken.

Aktuellen Aussagen und letzten Informationen über die Sicherheitslage in Richtung Hola zu Folge bestätigen, dass das Militär dort alles im Griff hat. Auch Kahindi mein Fahrer für den Hola Trip hat sich noch mal durch sein Safari-Unternehmen informiert und keine Bedenken angemeldet. Zur Not fahren wir im bewaffneten Konvoi, so heißt es, wie wir es vor Jahren schon mal gemacht haben. So fasse ich den Entschluss, doch nach Hola zu fahren.


Mwakuhenga Primary School

Zwischendurch wird in Mwakuhenga fleißig gearbeitet. Die Aushubarbeiten sind erledigt und die Maurerarbeiten laufen auf vollen Touren.


Nach Hola

Zu meiner Verwunderung ist die Straße recht gut repariert und wir kommen eigentlich zügig durch. Doch leider werden wir tatsächlich an jeder Straßeneinmündung vom Militär gestoppt und kontrolliert . Die stellen Fragen wie „woher, wohin, warum?“ sowie ernsthafte Passkontrolle. Selbst Kahindi muss seine Safarilizenz, Führerschein und alle zum Fahrzeug gehörende Dokumente präsentieren. Dann wollen sie noch wissen, was im Gepäck ist und machen Stichproben. Von Malindi bis nach Hola wurden wir insgesamt zehnmal kontrolliert.

Wir erreichen Friend’s Motel in Hola nach rund vier Stunden, ohne Kontrollen wäre das bei jetzigem Straßenzustand in drei Stunden zu schaffen gewesen. Später fahren wir zu John Duko.

Nach der üblichen Begrüßung im Hause Duko geht es nun zur Bank die Schulgelder für 2019 anzuzahlen. Anschließend treffen wir Sorella, Jillo, William und Ibrahim. William hat es auch geschafft, er ist fertig mit der höheren Schule und wartet auf seine Examensdokumente.

Später kommen noch Emmanuel und Jemima hinzu. Auch Jemima ist mit der Secondary School fertig. Es fehlt noch Sonia. Ich habe kurz mit ihr telefoniert. Sie hängt leider in Nairobi fest, da sie kein Geld für das Busticket nach Hola hat. Über Sorella habe ich ihr dann 3.000KSh geschickt, dass sich Sonia auf den Weg nach Hause machen kann.


Wandalismus im Kindergarten

Der nächste Tag führt mich zum Nzuri Roses Kindergarten. Auch hier haben die Kinder Ferien aber uns erwartet ein erschreckendes Bild. Die Tür ist komplett mit Rahmen eingetreten und der ganze Raum verwüstet.

Bänke wurden nicht gestohlen, aber sämtliche schriftlichen Unterlagen und einige Lernmittel sind nicht mehr vorhanden.

Miriam, die Kindergartenleiterin, ist gerade nicht anwesend. Sie hat Magenprobleme und ist nach Garissa ins Krankenhaus gefahren.


Ihr Bruder erzählt uns was passiert ist: „Während der heftigen Regenfälle vor ein paar Tagen haben wohl betrunkene Randalierer ein trockenes Plätzchen gesucht und sind in den Kindergarten eingebrochen. Da es so heftig geschüttet hat, konnte auch keiner die Tat bemerken. Erst am nächsten Morgen, als es aufgehört hat zu regnen, wurde der Einbruch bemerkt“. Der Bruder versucht jetzt erst einmal notdürftig die Tür zu verschließen und dann sehen wir weiter.

Freier Ausbildungsplatz

Da eine junge Frau aus privaten Gründen ihren Ausbildungsplatz als Schneiderin nach zwei Wochen verlassen hat und wir das Lehrgeld für ein Jahr bezahlt haben, ist nun eine Lehrstelle zu vergeben und dafür suchen wir eine talentierte junge Frau, vorzugsweise Voll- oder Halbweise.

Wir starten eine Umfrage in der Nachbarschaft und nach zwei Stunden sind wir fündig geworden. Die 20-jährige Juliet möchte den Ausbildungsplatz gern haben und wir fahren sofort mit ihr zur Schneiderei nach Laza und klären die Formalitäten.


Fatuma ist dabei

Nach Aufsuchen von weiteren Kandidaten für unser Weiterbildungsförderprogramm haben wir nun einen Neuzugang.

Sie heißt Fatuma, hat einen privaten Sponsor und freut sich sehr, dass sie nun auf eine höhere Schule gehen darf. Dazu wünschen wir ihr viel Erfolg.


Rückfahrt

Heute fahren wir zurück nach Malindi und ich denke schon jetzt an die vielen Militärchecks auf dem Rückweg. Aber gut, wir sind sicher hin und auch zurückgekommen und das ist schließlich wichtig.


Mwakuhenga Primary School

In Mwakuhenga kommen die Bauarbeiten gut voran. Man kann schon bald Richtfest feiern und alle freuen sich auf das neue Toilettenhaus.

Bis zum nächsten mal.


Roland Ströder


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