Tarikih unterwegs (18)

Frühjahrs-Hilfsaktion 2011

In Malindi

Es ist dieses Mal noch etwas wärmer als letzten Herbst. 34°C, schon am frühen Morgen läuft uns der Schweiß aus allen Poren.

Gemächlich erledigen wir in Malindi den Einkauf der Lebensmittelrationen für unsere Schulkinder.

Und wie immer ist Sophie uns dabei eine große Hilfe.

Shopping

Als ich die Ware überprüfe bemerkt Marlies:

"Die Kinder werden sich bestimmt freuen, mal wieder etwas anderes zu essen, als immer nur Bohnen und Mais vom World-Food-Program".

Bill prüft Ware

Nachdem die schweren Säcke mit Reis und Erbsen im Auto verstaut sind, freut sich Günther, dass alles so gut klappt.

Nun können wir ja nach Hola aufbrechen.

Gunto mit Säcken

Das zusätzliche Gewicht der schweren Säcke lässt das linke Hinterrad etwas alt aussehen und unser Fahrer Abdul entscheidet noch vor der Abreise nach Hola, einen neuen Reifen zu kaufen. Der alte hätte diese Safari nicht überstanden, sagt er. Sicher ist sicher. Radwechsel

Radwechsel

Aufgrund dieser Verzögerung starten wir erst gegen 11 Uhr.

Wir hoffen allerdings, dass die Straßenverhältnisse sich ein wenig gebessert haben. Wir werden sehen.

Malindi
Fahrt nach Hola

Wir haben Malindi endlich hinter uns gelassen und nach etwa einer halben Stunde müssen wir die Straße auf einer Umleitung folgen.

Es ist die Stelle, an der vor mehr als einem Jahr die letzte große Regenflut die gesamte Trasse fortgespült hat und eine provisorische Stahlkonstruktion die defekte Fahrbahn überbrückt hat.

Dieses Stahlprovisorium wird nun wieder entfernt und die eigentliche Straßentrasse im Ganzen neu errichtet.

Dabei werden unter der Straße große Durchlässe eingebaut, dass zukünftige Wassermassen ungehindert durchströmen können.

Provisorische Brücke

Wieder zurück auf der richtigen B 8 Teerstraße erwarten uns riesige Schlaglöcher, denen Abdul souverän durch Slalomfahrt ausweicht.

Nach einer weiteren halbe Stunde erreichen wir die Distriktgrenze mit der Polizeistation.

Auf der B8

Terroristische Aktivitäten der Al Shabaab Organisation und aktuelle Unruhen in Somalia direkt an der kenianischen Grenze haben die Truppen dort in Alarmbereitschaft versetzt. Es hat dort Anschläge und auch Tote gegeben.

Um die Grenze noch besser zu sichern wurden zusätzliche Soldaten aus dem ganzen Land dort hin entsendet. Bis jetzt sind mehr als dreitausend somalische Flüchtlinge in Mandera registriert.

Deswegen haben die hier wahrscheinlich Personalprobleme und bitten uns, an der Idsowe Hill Station die Begleitschutzeskorte aufzunehmen.

Als wir dort ankommen, müssen wir feststellen, dass hier auch keine Bodyguards für uns zur Verfügung stehen. Wir setzen unseren Weg nach Hola fort, ohne die sonst üblichen bewaffneten Begleiter.

Die Teerstraße endet bald und auf staubiger Piste rattern wir weiter nach Norden.

Wir erreichen die erste Brücke bei Mnazini und mittlerweile führt die Piste ja darüber hinweg.

Allerdings nur Schotterbelag aber immerhin schneller als auf der staubigen Naturstraße, die mit ihren tiefen Fahrrinnen und Löchern nur Schritttempo zulässt. Schotterpiste

Schotterpiste

Die Brücke bei Baomo ist ebenfalls befahrbar.

Das spart uns etwas Zeit, so denken wir, aber schon müssen wir die neue Trasse leider wieder verlassen, um uns parallel der Baustelle erneut durch die staubigen Lehmrillen nach Norden zu quälen.

Durch Satub und Hitze

Das langsame Vorankommen hat auch seine Vorteile. So erblicken wir plötzlich an der linken Seite einen großen Kudu. Ein Männchen.

Diese riesigen und sehr scheuen Antilopen sehen wir hier in der Nähe des Affenwaldes fast jedes Mal. Vor 6 Monaten ist uns sogar ein Weibchen mit einem Kalb über die Piste gesprungen.

Großer Kudu

Kudus leben in den trockenen Buschsavannen, sind allerdings auf einen Zugang zum Wasser angewiesen. Das korkenzieherartige Gehörn wird beim großen Kudu mehr als eineinhalb Meter lang.

Am Horizont sehen wir eine riesige goldrote Staubwolke, die gar nicht verwehen will. Als wir näher kommen, erkennen wir die Ursache.

Hier wird neben der Straße Erdreich ausgebaggert und auf große Laster geladen.

Goldene Staubwolke

Diese Erde wird dann zur Fahrbahntrasse gebracht und von Bulldozern verteilt, glatt gemacht und anschließend von schweren Walzen komprimiert.

Wie viele Jahre wird es noch dauern, bis wir mal ganz entspannt nach Hola fahren können? Auf jeden Fall ist das wieder ein Anfang.

Erdhaufen

Was ist das? Etwa 25 Kilometer vor Hola dürfen wir auf einer frisch geteerten Fahrbahn fahren. Allerdings nur 15 Kilometer, aber wir können etwas Zeit aufholen.

Dann müssen wir wieder runter auf die parallel verlaufende Lehmpiste und wir verlieren wieder an Geschwindigkeit.

Dennoch erreichen wir Hola nach etwa 4 Stunden.
In Hola

Auf dem Weg zu John Duko fahren wir an unserer Schule vorbei. Am alten Bürgermeisterhaus angekommen, wie immer ist John nicht da, empfängt uns seine Frau Lina mit der üblichen Zeremonie. Die Kinder helfen beim Ausladen des Gepäcks.

Unser Raum ist bis auf Moskitonetze vorbereitet und sauber. Nur für Abdul haben wir dieses Mal kein geeignetes Zimmer und so zieht er es vor, sich im Ort eine Bleibe zu suchen.

Wir kaufen noch drei Moskitonetze und montieren diese noch schnell über unsere Betten bevor es dunkel wird.

Noch rechtzeitig vor Eintritt der Dunkelheit entdecken wir den Skorpion, der an der Wand über meinem Bett hängt.

Bei dem Versuch ihn einzufangen, landet er auf meiner Schulter. Schleunigst gehe ich aus dem Zimmer und Günther klopft ihn von meinem Hemd.

Skorpion

Jetzt können wir endlich etwas ausruhen.

Das Abendessen ist wie immer reichlich und lecker, aber dieses Mal gibt es etwas Besonderes. So zartes Fleisch sind wir gar nicht gewohnt hier in Hola.

Ziegengulasch kann das nicht sein und auf unsere „Lecker-lecker-zart-zart-Äußerung“ kam prompt die Antwort von Lina: „Dik-Dik“. Dik-Diks gehören zu den kleinsten Antilopen der Welt.

Dik-Dik

Die nur etwa fünfunddreißig Zentimeter großen Tiere leben in trockenem dichten Wald- und Buschgelände und sind noch sehr zahlreich hier im Tana River Gebiet. Das Fleisch ist wirklich so zart wie Schweinefilet. Offiziell ist es nicht erlaubt, diese niedlichen Antilopen zu jagen, jedoch hat es uns trotzdem sehr gut geschmeckt.

Anschließend genehmigen wir uns noch ein paar Tusker baridi (kalte Bierchen) in der Karumaindo Bar und begeben uns dann endgültig zur Nachtruhe. Lala Salama.

Zur Schule

Heute erwartet uns wieder ein neues Gesicht. Der Headmaster hat mal wieder gewechselt. Alle 2 Jahre werden hier die Schulleiter ausgetauscht.

Der neue heißt Said Ware Wachu und macht wie alle seine Vorgänger einen guten Eindruck auf uns. Mal sehen was er so innerhalb seiner „Amtszeit“ bewegen kann?

Das Schulkomitee ist auch fast vollständig vertreten und nach einer kurzen Vorstellungsrunde können wir auch gleich mit unserem Besprechungsprogramm beginnen.
Gruppenbild mit neuem Schulleiter.

Alle Anwesenden sind sich darüber einig, dass die Schule in der jetzigen Konstellation aus allen Nähten platzt. Die Laza Primary School ist die größte Grundschule im gesamten Distrikt und kann den ständig wachsenden Bedarf an Unterrichtsplätzen nicht mehr decken. Zurzeit sind mehr als 1400 Kinder gemeldet und das Schulministerium hat zugesagt, eine kurzfristige Lösung herbeizuführen.

Mit öffentlichen Geldern sollen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dort wo die Schulküche steht, neue Klassenräume entstehen, also eine ganz neue Schule gebaut werden. Geplant ist, dass dann aber immerhin noch 800 Kinder an unserer Schule verbleiben.

Wir alle sind zuversichtlich und begrüßen dieses neue Konzept, aber bis dahin wird noch viel Wasser den Tana hinunter fließen.

Schulpatron John Duko ist besonders optimistisch und denkt, dass in diesem Jahr mit dem Schulneubau angefangen wird.

Schulpatron John R. Duko

In Kenia ist die Justiz auch nicht schneller als bei uns und so haben wir bis heute noch keinen richterlichen Beschluss über die exakte Grenzführung des Schulgrundstücks.

Das hohe Gericht in Mombasa hat sich mal wieder vertagt aber der Anwalt, der von der Gemeinde beauftragt wurde, ist sehr zuversichtlich und meint, dass der Fall klar sei und bald mit einem positiven Richterspruch zu rechnen ist. Pole pole.

Noch ein kurzer Besuch in der Schulküche, wo gerade wieder die Kinder ihr Mittagessen in Empfang nehmen.

Mittlerweile steht noch ein dritter riesiger Topf auf einer neuen Feuerstelle und da Wochenende ist, lagern wir die mitgebrachten Lebensmittelrationen im Küchenlager ein.

Hungrige Schulkinder
Anschließend besichtigen wir die neuen Toilettenhäuser, bei denen wir im Großen und Ganzen keine Beanstandungen haben. Jungentoiletten

Die Reparaturarbeiten am alten Mädchentoilettenhaus wurden auch zu unserer Zufriedenheit ausgeführt.

Nun kann das Wasserhaus gebaut werden.

Mädchentoiletten
Für heute verabschieden wir uns von der Schule und der Tag ist auch schon fast vorüber und wir haben einfach nur Durst.

Am nächsten Tag besuchen wir die Baufirmen, die ja für die Fertigstellung der Toilettenhäuser noch einen Restbetrag Geld zu bekommen haben. Wie immer gibt es dort kalte Getränke und die nehmen wir auch wirklich gerne an.

Wir erledigen die finanziellen Dinge und alle sind zufrieden. Nachdem noch ein paar technische Einzelheiten geklärt sind, geben wir nun das Wasserhaus in Auftrag.

Dieses wird eine gravierende Veränderung der hygienischen Verhältnisse auf den Toiletten bewirken und wird sich auch auf dem gesamten Schulgrundstück bemerkbar machen.

Mit dem gesammelten Brauchwasser können dann zum Beispiel die Bäume und Büsche gewässert werden.

Die Pflanzen leiden ganz besonders in den Trockenperioden und bisher war es immer sehr mühselig, das Wasser in Kanistern dort anzukarren.

Bäume wässern
Doch nun etwas zur Schule selbst. Von allen Grundschulen im Tana River Distrikt liegt die Laza Primary School trotz ihre Größe und Probleme an fünfter Stelle. Das ist für eine einfache Landschule wie diese eine gute Position. Nur Privatschulen haben da einen besseren Rang.
Wir alle können stolz darauf sein einen gewissen Beitrag geleistet zu haben, dass die ersten Schülerinnen und Schüler zum KCPE (Kenya Certificate of Primary Education) zugelassen wurden und ihre Abschlussprüfungen gemacht haben. Laza Primary School im Februar 2011

Diese Examen müssen alle Grundschüler nach 8 Jahren erfüllen, um auf weiterführende Schulen gehen zu können.

Wir gratulieren den Absolventen der Standard 8 und wünschen ihnen für den weiteren Lebensweg viel Glück, Erfolg und alles Gute.

Standard 8 Gruppe

Traditional Pokomo Dance und Einbaum Trip  

Es ist Wochenende und wir haben etwas Zeit. Da wir noch nicht am Fluss waren, haben wir für heute geplant, uns die braunen Fluten anzusehen.

Saidho, mein langjähriger Pokomofreund und Guide, hat für uns eine besondere Überraschung vorbereitet.

King Saidho

John Duko und Shaibu führen uns über einen Trampelpfad durch die mit Bäumen und Büschen bewachsene Flussufervegetation.

Nach etwa 15 Minuten erreichen wir eine schmale Lichtung zum Tana und vor uns beginnt eine bunt geschmückte Tanzgruppe sich zum Rhythmus der Trommeln zu bewegen und zu singen.

Pokomo Traditional Dance
Das ist aber noch nicht alles. Die Überraschung ist perfekt. Nachdem die Gesänge verstummen und wir näher zum Ufer kommen, entdecken wir dort 2 Einbäume.

Saidho erzählt nun etwas von den Pokomos, ihrer Tradition und lädt uns zu einem einzigartigen Erlebnis auf dem Tana ein.

Nach einem kurzen Gebet von Shaibu bewegt sich die gesamte Gruppe zu den Einbäumen.

Gebet vor jeder Flussreise
Günther wird nun mit den Trommlern und einigen der Tanz- und Gesangsgruppe in den großen Einbaum steigen. Marlies und ich besteigen das kleine Baumstammboot. Wir stoßen vom Ufer ab und plötzlich beginnen Trommeln und der Gesang erneut.

Eine tolle Akustik, das Echo hallt vom Steilufer zurück. Ein unbeschreibliches Erlebnis (Gänsehautfeeling).

Ich glaube, wenn noch Platz im Boot gewesen wäre, hätten die hier auch noch getanzt.

Günther mit Trommlern und Sängerinnen im Einbaum

Gemächlich treiben wir mit Trommeln und Gesang flussabwärts.

Andere Pokomos, die zufällig rechts und links am Ufer in ihren Gärten arbeiten oder Wasser holen, werden von diesen fröhlichen Gesängen infiziert, stimmen mit ein und tanzen ebenso an der Uferböschung.

Schaulustige am Tanaufer

Wir treiben weiter an einigen Lehmhütten vorbei.

Dann passieren wir den Ferry Point von Hola, an dem auch viele fröhliche Menschen mitmachen und uns zuwinken.

 

Fröhliche Menschen am Fluss
Unsere Flussreise verläuft fast bis zum Sandhafen, als sich Saidho plötzlich von uns verabschiedet und mit einem Hechtsprung aus dem Einbaum in die braunen Fluten springt. Marlies und ich treiben nun führerlos direkt ans Ufer. Marlies im Einbaum

Als wir das Steilufer hinauf klettern, werden wir von einer riesigen, jübelnden Menschenmenge begrüßt.

Eine Athmosphäre wie auf einem Volksfest.

Günther kommt hoch

Der Sandhafen ist die Stelle, an der kräftige Männer mit großen Eimern tauchen und Sand aus dem Fluss holen.

Im Laufe der letzten Jahre und aufgrund der zunehmenden baulichen Aktivitäten in und um Hola wird immer mehr Bausand benötigt.

Dadurch hat sich eine kleine Sandindustrie entwickelt und die Männer verdienen sich so etwas Geld für ihren Lebensunterhalt.

Wir glauben, dass die Überraschung hier zu Ende ist aber das ist falsch.

Wenn die Pokomos einmal angefangen haben zu feiern, dann hören sie so schnell nicht auf.

Am Ufer auf dem flachen Platz unter Schatten spendenden Mangobäumen wird weiter getrommelt, gesungen und getanzt.

Volksfeststimmung unter Mangobäumen

Auch wir Wazungu (Weiße) werden dazu aufgefordert und sind somit auch ein Teil des bunten fröhlichen Treibens.

Natürlich auch zur Belustigung aller anderen Beteiligten.

Günther in Aktion

Eine tolle Überraschung, die sich Saidho da hat einfallen lassen. Wir bedanken uns für diesen kleinen Ausflug in das traditionelle Pokomoleben.

Dieses lebendige Ereignis wird bestimmt für uns unvergesslich bleiben.


Marlies und ich

Drei aufregende Wochen sind viel zu schnell vergangen und wie immer startet unser Flieger an diesem Morgen von Mombasa nach Düsseldorf.

Schon jetzt planen wir den nächsten Aufenthalt in diesem einmaligen Land.

Airport Mombasa

Kwaheri. Bis zum nächsten Mal.

Roland Ströder


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