Tarikih unterwegs (16)

Frühjahrs-Hilfsaktion 2010

Gefährdeter Abflug

Der Airberlinflug von Düsseldorf nach Mombasa ist zum Einsteigen bereit und Marlies, Günther und ich, wir freuen uns, dass es nun endlich in die Wärme geht. Nachdem alle Passagiere an Bord sind und die Startvorbereitungen abgeschlossen sind, muss der Start wegen starkem Schneefall verschoben werden.

Die Stimme aus dem Cockpit erzählt, dass zu viel Eis und Schnee auf der Startbahn läge und das müsse erst fortgeräumt werden. Durch die kleinen Flugzeugfenster sehen wir die weißen Flocken, wie sie wild und munter durcheinander tanzen und so stellen wir uns auf eine längere Wartezeit ein.

Nach etwa 1 Stunde heißt es dann doch für uns: “Clear for Take Off“ und alle sind heilfroh, die Nacht nicht in Düsseldorf verbringen zu müssen.

Sehr heiß

Wir sind in Kenia. Wenn ich mich recht erinnere, war es in den letzten 8 Jahren nicht so heiß wie im Moment. Schon kurz nach Sonnenaufgang klettert das Thermometer rasch auf +35°C im Schatten. Allerdings sinkt die Temperatur bei geschlossener Wolkendecke um etwa zwei bis drei Grad. Schon dieser kleine Unterschied wird von uns als angenehm empfunden, was auch Marlies und Günther einstimmig bestätigen.

Ganz schön warm hier!

Da Lebensmittelengpässe momentan sehr stark die Landbevölkerung betreffen, haben wir einen Einkauf von 370 kg Lebensmittelhilfsgüter für unsere Schule organisiert.

Dank Sophie kann das alles beim Großhändler recht zügig abgewickelt werden.

So müssen die Kinder in den nächsten Tagen nicht immer das dröge Einheitsessen (Mais mit Bohnen) aus dem World Food Programm essen. Reis und Erbsen sind bestimmt eine willkommene Abwechselung für die mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler.

Beim Großhändler

Die B8, die Straße nach Norden, ist nach dem verheerenden Regen, der sich noch bis Mitte Februar in der Küstenregion ergossen hat, wochenlang nicht befahrbar gewesen.

Das 500 Meter lange Teilstück, welches von den starken Wassermassen einfach fortgespült wurde, ist wieder repariert und der Verkehr wird nun über eine neue Stahlbrücke geführt.

Neue Stahlbrücke

Allerdings ist die im Streckenverlauf später folgende Naturstraße in einem extrem jämmerlichen Zustand.

Die Rillen und Furchen dieses Teilstücks bis nach Hola zwingen uns zu langsamer Fahrt, die streckenweise in Schritttempo übergeht.

Wir sind ja schon so einiges von den afrikanischen Straßen gewöhnt, aber so einen miserablen Zustand, haben wir auf dieser Strecke noch nicht erlebt. Das kostet Zeit.

Die wie schon im letzten Bericht erwähnten Brückenbauarbeiten sind allerdings immer noch nicht ganz abgeschlossen und so werden bei den nächsten starken Regenfällen die bekannten Schwierigkeiten erneut auftreten. Brücken gegen die Flut

Aber in Sachen Straßenbau Richtung Hola bewegt sich etwas, wenn auch langsam.

In einigen Jahren wird man bestimmt auch hier über eine Asphaltstraße schnurren können und wenn die Brücken standhalten, wird auch Regen hier kein Thema mehr sein.

Baumaschinen auf der B8
Endlich angekommen     

Nach fast 7 Stunden, so lange waren wir noch nie unterwegs, erreichen wir unser Ziel in Hola.

Die Zimmerfrage ist geklärt, aber erst müssen wieder alle begrüßt werden und natürlich unser Gepäck in den Raum gebracht werden. Wir sind geschafft und wollen uns einfach nur ausruhen, aber unsere Gastgeber lassen uns noch nicht in Ruhe.

Klaperdürre Rinder

So viele Fragen und wie kann es anders sein: Blablabla. So langsam haben sie verstanden und wir ziehen uns nun zu einer Ruhepause zurück. Doch bevor wir uns ausruhen müssen wir erst noch unser Zimmer einigermaßen wohnlich einrichten, wenn man das unter diesen Umständen überhaupt erwähnen darf.

Jetzt aber schnell ein bisschen „Augenpflege“. Etwas später klopft jemand an unsere Tür und wir werden zum Essen gerufen.

Das Dinner heute Abend besteht aus Pokomohühnchen mit schmackhafter Soße und Kartoffelchips. Als Gemüse wird Sukumawiki serviert, eine etwas härterer Variante des Spinats. Wie immer wird alles sehr lecker von Lina unserer Gastgeberin unter für uns unvorstellbaren Bedingungen zubereitet, betont Marlies.

Es ist mittlerweile stockdunkel und wir bereiten uns auf das afrikanische Nachtleben vor. Das heißt Taschenlampe und Klappmesser am Gürtel tragen sowie Moskitoprophylaxe für die nächsten Stunden. Da auch abends die Temperaturen sich nicht wesentlich vom Tage unterscheiden (+38°C), schlägt Günther vor, dass wir uns nun im Ort ein relativ kühles Bier in der einzigen Kneipe mit Kühlschrank genehmigen.

Shaibu, unser privater Wachmann, begleitet uns mit seinem Karabiner sogar bis in die Kneipe. Er meint: „sicher ist sicher“.

Denn auch hier, wie überall im Lande, ist die Kriminalität angestiegen und damit erhöht sich das Sicherheitsrisiko. Nach zwei, drei Bierchen begeben wir uns in unser Zimmer und schlafen sofort ein. Lala salama. 

Marlies und Shaibu
Zur Schule

Die ersten Vögel wecken uns schon kurz nach vier Uhr und es ist noch stockdunkel. Noch einmal umdrehen und wieder einschlafen klappt nicht wirklich.

Wirre Träume, an die man sich nach dem Aufwachen kaum noch erinnern kann, überbrücken die Zeit bis zum Morgengrauen.

Nach dem Frühstück begeben wir uns zur Schule, um das frisch gewählte Schulkomitee kennen zu lernen

Das neue Gremium ist hoch motiviert und wir hören den Ausführungen ihres Sprechers, der auch zugleich der neue Chairman ist, intensiv zu.

Neues Schulkommitee

Anschließend folgt die obligatorische Gebäudeinspektion. Die Punkte der Mängelliste des letzten Besuchs sind so gut wie abgearbeitet und wir finden keine wesentlichen Beanstandungen vor.

Nach wie vor ist das regelmäßige Reinigen des Schulhofes ein immerwährendes Problem, welches wir aber auch hier erneut zur Sprache bringen und ebenso unser Missfallen darüber äußern. Wie immer verspricht der Schulleiter sich verstärkt zu bemühen, dieses abzustellen.

Auf unserem Rundgang stellen wir allerdings anfängliche Erosionsschäden fest.

Diese werden an den Fundamenten der Stützsäulen für das Dach sowie auch an anderen Gebäudeteilen nach und nach sichtbar.

Gebäudeinspektion

Da die Schule in einem halbwüstenähnlichen Gelände steht, haben Regen und Wind jede Menge Erdreich abgetragen und im Laufe der Jahre ganze Arbeit geleistet.

Deswegen haben wir hier erst einmal eine Sanierungsmaßnahme eingeleitet, um diesen Erosionsschäden vorzubeugen.

An der Schulküche treffen wir Fatuma und Hadijha, diese Frauen kochen hier schon seit Anfang an für die Schulkinder.

Drei große Feuerstellen mit riesigen Töpfen befinden sich momentan in diesem dunklen Küchenraum.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass hier am Anfang nur eine Feuerstelle existierte.

Küchenpersonal

Hier laden wir nun die Lebensmittelhilfe ab und sie freuen sich schon darauf, mal etwas anderes zu kochen, als immer nur Bohnen mit Mais.

Es dauert ca. 4 Stunden, bis der Reis mit den Erbsen für 1000 Kinder fertig ist. Bei dieser schweißtreibenden Arbeit schaffen sie das immer noch und sie können trotzdem noch lachen.

Elternsprechtag

Nun steht ein Treffen mit dem Schulkomitee an, das ein Meeting mit den Eltern organisiert hat. Es ist es sehr heiß und Marlies, Günther und ich könnten wirklich eine kühle Brise gebrauchen, denn der Schweiß quillt uns aus allen Poren.

Das Klassenzimmer ist bis zum Bersten voll mit bunt gekleideten Menschen.

Die, die keinen Platz gefunden haben, stehen außen an den Fenstern, um der Versammlung beiwohnen zu können.

Elternsprechtag

Als wir Drei am Eingang erscheinen empfängt uns eine freundliche emotionsgeladene Menschenmenge mit spontanen Begrüßungsgesängen. Wir erleben positive Gänsehautathmosphäre!

Es ist unbeschreiblich. Wie in Zeitlupe begeben wir uns auf unsere Plätze direkt rechts neben das Schulgremium. An der anderen Seite werden wir vom Town Chief und offiziellen Beamten einiger lokaler Behörden eingerahmt.

An diesem „Elternsprechtag“ berichtet das neue Schulkomitee noch einmal über seine juristischen Schritte, Erfolge und Vorgehensweise in Sachen Grenzstreitigkeiten.

Ebenso wird noch einmal über die aktuelle Lage der gerichtlichen Auseinandersetzung in Sachen illegal errichteter Lehmhütten auf dem Schulgrundstück berichtet.

Da mit den Eindringlingen keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, steht die gerichtliche Ausweisung also kurz bevor.

Der Chairman des Schulkommitees

Nun werden wir gebeten unsere weiteren Pläne und Maßnahmen zu erläutern. Wie immer spreche ich hier Englisch und John Duko übersetzt das Ganze dann ins Pokomo, denn die Eltern hier sprechen so gut wie kein Englisch.

In dem Zusammenhang können wir eine Zusage für die momentan defekten und noch fehlenden Schulbänke machen sowie neue Tische und Stühle für das Lehrerzimmer bestellen.

Bericht von Tarikih

Wir erklären den Eltern, die Bedeutung der Sanierungsmaßnahme zur Erhaltung der Bausubstanz und dass nur dadurch diese Schule in Zukunft Bestand haben kann.

Weiterhin teilen wir mit, dass der Weiterbau von Klassenräumen dadurch nicht beeinträchtigt wird, was mit riesigem Applaus begrüßt wird.

Es wird immer heißer in dem prall gefüllten Klassenraum und die Menschen fächern wie wild mit ihren bunten Tüchern, um wenigsten etwas Zugluft zu erzeugen.

Nachdem alle wichtigen Redner zu Wort gekommen sind, es wurden auch Fragen aus der Elternschaft gestellt, wird die Versammlung nach etwa eineinhalb Stunden geschlossen.

Trotz der Hitze lassen sich die Pokomos nicht nehmen, für uns Abschiedsgesänge zu intonieren und wollten natürlich wieder jedem von uns die Hand schütteln, was wir dieses Mal geschickt vermeiden konnten.

Endlich draußen weht ein leichter Wind und wir genießen die sanfte Brise.

Später treffen wir Madam Guyato, die Leiterin der Traditional Dance Group.

Sie berichtet uns stolz, dass ihr Team bei den letzten Landesmeisterschaften einen ersten Preis gewonnen hat.

Die Fußballteams der Hola Mission Boys, eine der aufsteigenden Fußballmannschaften in Kenia, erhalten von uns Fußbälle und Trikots.

Dafür zeigen sie uns ein wenig von ihrem fußballerischen Können in einem kurzen Spiel.

Fußball01

Jetzt noch den Besuch im Distrikt Krankenhaus, wo wir dem Dienst habende Arzt, jede Menge Verbandsmaterial sowie Spritzen und Kanülen aus Deutschland übergeben.

Auch die medizinische Kleingeräte der Fa. Heine sind hier mit großer Freude und Dankbarkeit entgegen genommen worden.

Im Krankenhaus
Schade, wie immer vergeht die Zeit in Hola viel zu schnell und wir haben hier noch so viel zu erledigen.

Kwaheri. Bis zum nächsten Mal.

Roland Ströder


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